Die Parallelen zum Derbysieg des FC Schalke 04 (Platz 15 der Tabelle) gegen Borussia Dortmund (Platz 2 der Tabelle) liegen auf der Hand. Die Partie war vor dem Anpfiff eigentlich bereits entschieden, die Punkte bereits verteilt. Ernsthaft offen war nur noch die Höhe des Dortmunder Sieges. Und die Zahl der Tollkühnen, die bereit gewesen wären gutes, geschweige denn viel Geld auf einen Schalker Sieg zu wetten, hielt sich in nur allzu deutlich überschaubaren Grenzen.
Keinen Deut anders verhielt es sich bei der Begegnung zwischen den Drittligadamen des MTV 1860 Altlandsberg (Platz 10 der Tabelle) und der Vertretung des TSV Wattenbek (Platz 4 der Tabelle). Sicher, der Aufwärtstrend der Grün-Weißen seit dem Trainerwechsel von Sebastian Grenz zu Helmut „Enno“ Röder war mit Händen zu greifen, aber zählbares hatte auch er noch nicht hervorbringen können. Die Hoffnung selbst in der Wolle gefärbter Altlandsberger Fans auf einen Sieg – tatsächlich den erst zweiten Heimsieg im letzten Heimsieg der Saison – stützte sich auf nichts, denn auf die Hoffnung selbst.
Dass sich die Gastgeberinnen für diesen letzten Heimauftritt in dieser Spielzeit, tatsächlich auch in dieser Besetzung – Ann-Catrin Höbbel und Christinie Miniers sollten nach der Partie noch feierlich verabschiedet werden – und vielleicht in dieser Spielklasse etwas vorgenommen hatten, offenbarte sich aufmerksamen Beobachtern bereits während der Erwärmung vor dem Spiel. Die Truppe, die in der letzten Zeit verletzungsbedingt eher öfter denn selten unter Besetzungsproblemen zu leiden hatte, stand in voller Kapelle auf der Platte: drei Torhüterinnen und dreizehn Feldspielerinnen zierten die heimische Erlengrundhalle; die wieder genesene Magdalena Stanulewicz und die Debütantin Vivien Godglück eingeschlossen.
Und was die Mädels in Grün-Weiß von Anfang an auf dem Feld veranstalteten, begeisterte alle in der Erle; vielleicht von Gästetrainer Andrea Juhra und dessen Schützlingen einmal abgesehen. Über Ann-Catrin Höbbels 1:0 Führung per 7-Meter, Beatrice Zacharias 4:1 in der sechsten, bis zu Josephin Keßlers 11:6 in der 19. Minute bauten die Gastgeberinnen ihren Vorsprung kontinuierlich und in imponierender Art und Weise konsequent aus. Den Wattenbeker Gästinnen war anzusehen, dass sie sich den Verlauf des Abends deutlich anders vorgestellt hatten.
Sie machten aber gleich darauf deutlich, dass sie nun wirklich nicht zufällig auf dem vierten Platz der Tabelle stehen und man sie schon allein deshalb nicht frühzeitig abschreiben sollte. Kaum ließen die MTV-Damen in ihrem Angriffsfuror ein wenig nach, nutze Wattenbek jede nur erdenkliche Lücke, um sich wieder heranzuarbeiten. Und tatsächlich konnte die TSV-Bank bereits in der 26. Minute den Anschlusstreffer zum 12:13 bejubeln. Dieses Mal, und damit anders als in den beiden vorangegangenen Begegnungen, sollte aber keine schwache zweite Hälfte des ersten Durchgangs den Gegnerinnen in die Hände spielen. Die Schützlinge von MTV-Coach Helmut „Enno“ Röder schüttelten und rüttelten sich und konnten unter dem Applaus ihrer Fans mit einer 16:13 Führung in die Pause gehen.
Allerdings kamen die MTV-Fans im zweiten Durchgang aus dem Applaudieren und Jubeln kaum noch raus. Von Enno Röder blendend eingestellt, ließen die Altlandsbergerinnen vom Wiederanpfiff an keinen Zweifel, wer an diesem Spieltag die Erle als Sieger verlassen würde. Das erste Drittel der zweiten Halbzeit war vorüber, da prangte auf der Anzeigetafel leuchtend hell die zwischenständliche 24:15 Führung für den MTV. Labsal für alle Beteiligten, die in dieser Saison wirklich nicht viel Grund und Anlass gehabt hatten, sich mit und an den MTV-Damen zu freuen. Zumal es auch gerade so weiterging. In dieser Phase gelang den Grün-Weißen einfach alles. Logische Folge: in der 53. Minuten betrug die Altlandsberger Führung satte 33:19 Tore. Der Drops war, wie man so sagt, gelutscht.
Will man es den örtlichen Drittligistinnen verübeln, dass sie es nun etwas ruhiger angingen. Auch, wie man einräumen muss, etwas fahrlässiger; vor allem im Umgang mit ihren Chancen. Am Ende stand ein immer noch imposanter 35:25 Erfolg der Hausherrinnen, der von ihrem Anhang wie von ihnen selbst enthusiastisch gefeiert wurde. Die meistgestellte Frage dabei: Weshalb nicht gleich so? Schließlich standen überwiegend dieselben Spielerinnen auf der Platte, die sich fünf Wochen zuvor noch den Tabellenletzten aus Hildesheim geschlagen geben mussten.
„Der Tainerwechsel hat die erhofften neuen Impulse ins Team getragen“, stellte MTV-Teamchef Wolfram Eschenbach ebenso erleichtert wie zufrieden fest. „Man sieht es an den überlegteren und besser vorbereiteten Abschlüssen, an den gewitzten, wie variantenreichen Anspielen in die Spitze, vor allem an den Kreis und nicht zuletzt an unserer deutlich aggressivieren und dadurch effektiveren Abwehr. Es macht einfach wieder Spaß, den Mädels zuzusehen.“ Und die Mädels haben wieder sichtlich selbst Spaß am Spiel. So wie die Fans, Freunde und Förderer des Teams an einem zu keinem Zeitpunkt gefährdeten und auch in dieser Höhe voll und ganz verdienten Erfolg.
Bleibt die letzte Frage: Kommt der Wandel noch rechtzeitig, um die Klasse zu halten? Eine Antwort darauf wird es leider nicht vor dem 1. Mai, ca. 17:30, in der Halle des Alstergymnasiums in Henstedt-Ulzburg geben. Falls also jemand noch keine überzeugende Idee für die obligatorische Maiwanderung haben sollte…
MTV:
Jennifer Höft (Tor), Freya Wagner (Tor), Indra Genning (Tor), Manja Berger 1, Josephine Dähne 7, Annika Fleck, Vivien Godglück, Ann-Catrin Höbbel 12/4, Josephin Keßler 5, Sophia Mattisseck 2, Christine Miniers 3, Claudia Neumann, Magdalena Stanulewicz 1, Viktoria Varkonyi, Anne Weier 1, Beatrice Zacharias 3.